200 Jahre Basler Gesangverein
Bern, 07.09.2024 - Grusswort von Bundesrat Beat Jans im Stadtcasino Basel
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Regierungspräsident Conradin Cramer
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Monica Gschwind
Geschätzte Mitglieder und Freunde des Basler Gesangvereins
Liebe Elisabeth Ackermann, liebe Andrea Oehry
Liebe Baslerinnen und Basler
In Frankreich besteigt Karl X. den Thron. Elektrizität, Autos und Fussball sind Zukunftsmusik. Die Schweiz, ein wilder Staatenbund, ist noch unvollendet. Anders, Beethovens Neunte - die wird uraufgeführt. Basel wird dannzumal von einer Stadtmauer umfasst, von konservativen Grossbürgern beherrscht und von knapp 20'000 Seelen - einem halben «Joggeli» - bevölkert. Basler Läckerli gibt es bereits, Basel-Landschaft noch nicht.
Das war 1824, das Geburtsjahr Ihres Vereins.
Heute, 200 Jahre später, ist der Basler Gesangverein der älteste gemischte Chor der Schweiz. Und mir ist es eine grosse Ehre und Freude, dieses Jubiläum mit ihnen zu feiern.
Der Chor, bei dem ich mitsinge, ist nicht ganz so alt. Aber auch speziell. Es ist der kleinste gemischte National-Chor der Schweiz: Wir sind nur zu siebt.
In unserem Bundesrats-Chörli ist jede Stimmlage doppelt vertreten, ausser die in der Mitte. Wir sind gut gemischt: Drei Frauen und vier Männer mit unterschiedlichem Timbre, Taktgefühl und Musikgehör. Die Dirigentin wechselt jedes Jahr. Immer am Mittwoch proben wir, ohne Publikum. Wir proben mehrstimmig, um einstimmig aufzutreten. Hie und da versuchen wir uns als Solisten, aber Erfolg haben wir nur im Chor. Lautstark begleitet werden wir von einem zeitgenössischen Parlaments- und Medien-Orchester. Manchmal tönt es eher wie eine «Gugge». Die Kritiken nach unseren Auftritten sind meist durchzogen.
Geschätzte Chordamen und -herren
In einem richtigen Chor, das gebe ich zu, war ich nie. Aber die Liebe zu Gesang und Musik, die wurde mir in die Wiege gelegt. «Jans, chumm sing no eis!, hat es früher oft geheissen. Mein vor 20 Jahren verstorbener Vater war ein leidenschaftlicher Sänger. Er hat unter anderem im Kirchenchor St. Franziskus in Riehen und im Männerchor des Turnvereins Riehen mitgesungen. Er war ein geselliger Mensch. Beim Singen ist er aufgeblüht. Fast immer gab er, zu später Stunde und zur Freude aller, den «Schacher Seppli» zum Besten.
Auch meine Mutter sang im Kirchenchor. Und beim Kochen oder im VW-Käfer, wenn wir zu fünft in die Ferien fuhren. Heute mag ihr Gedächtnis vieles von früher nicht mehr abrufen. Aber dass das Singen im Kreise der Familie eine ihrer liebsten Kindheitserinnerungen ist, betont sie immer wieder.
Von meinem Vater und meiner Mutter habe ich gelernt, dass Singen etwas Wunderbares ist. Gemeinsam singen erst recht.
Sind heute Gründungsmitglieder hier?
Sie lachen, aber es ist wissenschaftlich belegt: Wer singt, lebt länger. In Schweden haben das Forschende untersucht. Ihr Fazit: Chormitglieder haben eine höhere Lebenserwartung. Das ist erfreulich für Sie und schlecht für die AHV. Positiv ist Chorgesang hingegen für die Krankenkassen, denn gemeinsames Singen macht glücklich und gesund. Da werden Glückshormone ausgeschüttet und Stresshormone abgebaut. Dabei spielt es gemäss Studien keine Rolle, ob richtig oder falsch gesungen wird. Jedenfalls nicht für die, die singen.
Singen ist auch gut für den Kreislauf. Unsere Pharmaunternehmen hören das vielleicht nicht gern: Singen ist Medizin - und komplett gratis.
Chöre waren und sind auch für uns als Gesellschaft gesund:
Die Chortradition ist Teil unserer Kultur und untrennbar mit der Schweiz verbunden. Landesweite Musikfeste haben den Austausch gefördert, Wetteifer geweckt und die Gründung neuer Chöre angeregt - wie in Basel. Die Alternativen sind auch hier mehr geworden, aber ein fixer Bestandteil des kulturellen Lebens ist der Gesangverein geblieben.
Vereine sind Kitt für unsere Gesellschaft. Sie schaffen Gemeinschaft und Identifikation. Gerade Gesangsvereine: Singen bringt uns einander näher. Wer seine Stimme mit anderen in Einklang bringt, fühlt sich verbunden und zugehörig. Ein Dorf, in dem nicht gesungen wird, sei dem Untergang geweiht, sagte man früher.
Auch für unsere Demokratie sind Chöre wertvoll. Sie waren wie die Turn- und Schützenvereine Hebammen des Nationalstaats. Im Chor muss man sich auf einander abstimmen, zuhören, sich zurück und Rücksicht nehmen, sich ein- und unterordnen, Kompromisse eingehen. Eine Chorprobe ist immer auch ein Training in Demokratie.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger
Schiller kannte den Basler Gesangverein nicht, er starb 1805. Und doch scheint er über ihn geschrieben zu haben: «Gesang und Liebe in schönem Verein, Sie erhalten dem Leben den Jugendschein.»
Über zwei Jahrhunderte hinweg gemeinsam zu singen, ist eine Leistung. Einen Verein so lange am Leben und Blühen zu halten, auch. Das braucht viel Herzblut und Engagement.
In diesem Sinn gratuliere ich herzlich zum stolzen Jubiläum und wünsche alles Gute - Gesang, Gemeinschaft, Gesundheit - und noch viele wunderbare Konzerte.
Der Basler Gesangverein ist ein Chor mit Geschichte und, ich bin ganz sicher, ein Chor mit Zukunft.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
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Letzte Änderung 06.06.2024