Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative: Schlussbericht zuhanden des EJPD verabschiedet

Bern. Die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), eingesetzte Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative hat ihren Schlussbericht fertig gestellt. Er enthält vier Varianten zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung. Der Bericht bildet eine wichtige Grundlage für den Entscheid des Bundesrats über das weitere Vorgehen.

Leitung und Zusammensetzung der Arbeitsgruppe

Geleitet wurde die Arbeitsgruppe von Prof. Heinrich Koller, dem ehemaligen Direktor des Bundesamtes für Justiz. Ihr gehörten ferner an: Manuel Brandenberg und Gregor Rutz für die Vertreter des Initiativkomitees; Margrith Hanselmann und Roger Schneeberger für die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) bzw. die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD); Albrecht Dieffenbacher (Bundesamt für Migration) und Ridha Fraoua (Bundesamt für Justiz) als Vertreter der Verwaltung.

Vier Varianten zur möglichen Umsetzung

Der Bericht äussert sich ausführlich zum Verhältnis der neuen Verfassungsbestimmung über den Umgang mit straffälligen Ausländerinnen und Ausländer zum übrigen Verfassungsrecht und zum Völkerrecht und erläutert anhand von vier Varianten mit Normvorschlägen Möglichkeiten der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung. Eine Variante wurde von den Vertretern des Initiativkomitees eingebracht.

Drei Varianten sehen die Umsetzung im Strafgesetzbuch vor. Hier ist das Strafgericht zuständig, die zwingende Landesverweisung anzuordnen. Bei der vierten Variante erfolgt die Umsetzung im Ausländergesetz; zuständig zur Anordnung sind dementsprechend die Ausländerbehörden. Die Varianten unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Delikte, die zu einer zwingenden Landesverweisung führen sollen sowie bezüglich der Frage, ob auch geringfügige Strafen zwingend eine Landesverweisung zur Folge haben sollen.

Der Vorschlag der Initianten führt unabhängig vom konkret ausgesprochenen Strafmass bei bestimmten Delikten zur Landesverweisung. Die übrigen Vorschläge setzen hierfür die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten voraus. Zudem wird bei den Varianten der Mehrheit der Arbeitsgruppe den Minimalgarantien des Freizügigkeitsabkommens Rechnung getragen und es wird vorgeschlagen, für andere Delikte die fakultative Landesverweisung vorzusehen.

Die Arbeitsgruppe befürwortet sodann die Aufnahme einer neuen Bestimmung über den missbräuchlichen Bezug von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe in das Strafgesetzbuch. Damit kann die in der neuen Verfassungsbestimmung für solche Missbrauchsfälle vorgesehene Ausweisung umgesetzt werden.

Unterschiedlich ausgestaltet ist die Berücksichtigung von völkerrechtlichen Vollzugshindernissen nach der Anordnung einer Landesverweisung. Die Variante der Initianten anerkennt lediglich das zwingende Völkerrecht als Ausschaffungshindernis (Non-Refoulement-Gebot). Die übrigen Varianten sehen eine Berücksichtigung auch der Bestimmungen des nicht zwingenden Völkerrechts vor. Unterschiede bestehen sodann bei der Behörde, die allfällige Vollzugshindernisse zu prüfen hat; diese Aufgabe kann dem Strafgericht oder den kantonalen Vollzugsbehörden übertragen werden.

Empfehlung der Arbeitsgruppe

Die Mehrheit der Arbeitsgruppe legt Wert darauf, dass die Grundprinzipien der Verfassung und das Völkerrecht bei der Umsetzung beachtet werden; sie lehnt daher die Variante der Initianten ab. Es wird deshalb empfohlen, die Fortführung der Arbeiten (vorerst nun einer Vernehmlassungsvorlage) auf der Basis der von der Mehrheit der Arbeitsgruppe erarbeiteten anderen Varianten vorzunehmen. Die Vertreter des Initiativkomitees werten diese als Abschwächung der vom Verfassungsgeber angestrebten Verschärfung der Ausschaffungspraxis und lehnen sie daher ab.

 

Letzte Änderung 28.06.2011

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