Anpassung der Behördenorganisation an die neue Strafprozessordnung - Bundesrat schickt Strafbehördenorganisationsgesetz in die Vernehmlassung

Bern, 21.09.2007 - Die Strafverfolgung auf Bundesebene liegt gemäss Vernehmlassungsentwurf in Zukunft von der Verfahrenseröffnung bis zur Erhebung und Vertretung der Anklage bei der Bundesanwaltschaft. Dies ist die Folge der neuen Strafprozessordnung, die für den Bund und alle Kantone gilt. Die Bundesanwaltschaft soll der Aufsicht durch den Bundesrat unterstehen, denkbar sind aber auch andere Modelle (wie zum Beispiel das Bundesgericht). Die starke Stellung der Bundesanwaltschaft wird durch die zuständigen kantonalen Zwangsmassnahmengerichte ausgeglichen. Damit wird das lange dauernde zweistufige Verfahren mit Bundesanwaltschaft und Eidgenössischem Untersuchungsrichteramt zu einem einstufigen Verfahren. Dies sieht der Vorentwurf zum Strafbehördenorganisationsgesetz vor, der die Vorgaben der neuen Strafprozessordnung auf Stufe Bund umsetzt. Der Bundesrat hat am Freitag die Vorlage bis am 31. Dezember 2007 in die Vernehmlassung geschickt.

Die Bundesversammlung wird voraussichtlich im Herbst 2007 die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO) verabschieden, welche die Wirksamkeit der Strafverfolgung steigert und zugleich die Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit erhöht. Für den Bund kann die StPO - wie für die Kantone auch - erst in Kraft treten, nachdem die Strafbehörden an die neuen Vorgaben angepasst sind. Namentlich der Wechsel zum künftigen einheitlichen Staatsanwaltschaftsmodell und das als Gegenpol konzipierte Zwangsmassnahmengericht erfordern auf Bundesebene eine erhebliche Umstrukturierung der Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden. Der Vorentwurf zum Strafbehördenorganisationsgesetz (StBOG) setzt die Reorganisation der Strafbehörden des Bundes gemäss den neuen Vorgaben um und regelt zudem die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft.

Aufsicht beim Bundesrat vereinigt

Charakteristisch für das einheitliche Staatsanwaltschaftsmodell der StPO ist das Fehlen eines Untersuchungsrichters. Demzufolge wird auf Stufe Bund das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt aufgehoben. Die Bundesanwaltschaft leitet das Vorverfahren, führt die Untersuchung, erhebt die Anklage und vertritt diese vor den Gerichten. Die bisher auf das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (administrativer Bereich) und auf das Bundesstrafgericht (fachlicher Bereich) aufgeteilte Aufsicht über die Bundesanwaltschaft führte in der Praxis regelmässig zu Zuständigkeitskonflikten. Sie soll deshalb beim Bundesrat vereinigt werden. Denkbar sind aber auch andere Modelle. Die Auswertung der Vernehmlassung sowie die Empfehlungen aus dem Bericht vom 5. September 2007 der nationalrätlichen GPK zur "Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes" und die Erkenntnisse des unabhängigen Experten, Prof. Georg Müller, werden in die Überarbeitung der Vorlage einfliessen. Der Bundesanwalt erstattet dem Bundesrat jährlich Bericht über die Tätigkeit der Bundesanwaltschaft. Die Unabhängigkeit der Bundesstaatsanwaltschaft bleibt gewährleistet. Dem Bundesrat ist es nämlich verwehrt, im Einzelfall Weisungen über die Ausgestaltung oder den Abschluss von Verfahren zu erlassen. Da die Arbeiten an der neuen StPO viel schneller als erwartet vorangekommen sind, integriert der Bundesrat die Neuregelung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft in das StBOG und schreibt die 2005 in die Vernehmlassung geschickte separate Aufsichtsvorlage formell ab.

Zwangsmassnahmengericht als Gegengewicht

Als Gegengewicht zur starken Stellung der Staatsanwaltschaft schreibt die StPO die Schaffung eines Zwangsmassnahmengerichts vor, das für die Anordnung der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft und für die Anordnung oder Genehmigung weiterer Zwangsmassnahmen zuständig ist. Dazu gehören zum Beispiel die Genehmigung von DNA-Massenuntersuchungen, die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, die Überwachung von Bankbeziehungen oder die verdeckte Ermittlung. Das StBOG sieht vor, dass bei Verfahren der Bundesanwaltschaft diese Aufgabe von den kantonalen Zwangsmassnahmengerichten am Sitz oder an den Zweigstellen der Bundesanwaltschaft wahrgenommen wird und dass das Bundestrafgericht über Beschwerden gegen Entscheide der Zwangsmassnahmengerichte urteilt.

Bundesgericht als Berufungsinstanz

In Fällen der Bundesgerichtsbarkeit ist wie bisher das Bundesstrafgericht als erstinstanzliches Gericht vorgesehen. Berufungsinstanz soll künftig das Bundesgericht sein. Damit wird es Urteile der Strafkammern des Bundesstrafgerichts nicht nur darauf hin überprüfen, ob Rechtsnormen richtig angewendet worden sind, sondern auch den Sachverhalt kontrollieren. Diese einfache und pragmatische Lösung lässt sich organisatorisch problemlos umsetzen, da auf bestehende Strukturen zurückgegriffen werden kann. Zusätzliche Kosten werden kaum verursacht. Zudem wird sich der Mehraufwand für das Bundesgericht in klaren Grenzen halten


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Letzte Änderung 30.01.2024

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