Zivilprozessordnung: Zugang zum Gericht soll leichter werden

Bern, 26.02.2020 - Die Schweizerische Zivilprozessordnung hat sich in der Praxis insgesamt bewährt. Mit punktuellen Anpassungen will der Bundesrat jedoch insbesondere Privaten und Unternehmen den Zugang zum Gericht erleichtern und damit die Rechtsdurchsetzung weiter verbessern. Dafür will er das Prozesskostenrecht anpassen. An seiner Sitzung vom 26. Februar 2020 hat der Bundesrat die Vernehmlassungsergebnisse zur Kenntnis genommen und die Botschaft zu Handen des Parlaments verabschiedet. Da die Vorschläge für eine Stärkung der kollektiven Rechtsdurchsetzung sehr umstritten waren, werden sie aus der Vorlage herausgelöst und separat behandelt.

Die seit dem 1. Januar 2011 geltende Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) hat sich insgesamt bewährt. Verbesserungspotential besteht nur punktuell, insbesondere in Bezug auf die Prozesskosten, die Möglichkeit der Verfahrenskoordination und auch den kollektiven Rechtsschutz. Zielsetzung und Stossrichtung des Vorentwurfs, den der Bundesrat in Erfüllung der Motion 14.4008 "Anpassung der Zivilprozessordnung" zur Eliminierung dieser festgestellten Schwachpunkte ausgearbeitet hat, sind in der Vernehmlassung von einer grossen Mehrheit ausdrücklich unterstützt worden.

Zugang zum Gericht erleichtern

Der Bundesrat hält entsprechend an den Grundzügen des Vorentwurfs fest. Demnach sollen die Gerichtskostenvorschüsse, die heute insbesondere für Angehörige des Mittelstandes eine faktische Zugangsschranke zum Gericht bedeuten, halbiert werden. Damit sollen künftig auch Personen, die nicht in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege kommen, ihre Ansprüche einfacher gerichtlich geltend machen können. Gegenüber dem Vorentwurf sieht der Entwurf jedoch Ausnahmen von der Halbierung vor und trägt damit Bedenken aus der Vernehmlassung Rechnung.

Weiter soll die Liquidation der Prozesskosten neu geregelt werden. Diese sollen künftig grundsätzlich mit den geleisteten Vorschüssen der kostenpflichtigen Partei verrechnet werden; darüber hinaus wird ein Fehlbetrag nachgefordert oder ein Überschuss zurückerstattet. Damit tragen künftig nicht mehr die Parteien das Inkassorisiko der Gegenpartei, sondern der Staat. Bei der Justiz handelt es sich um eine essentielle Staatsaufgabe. Mit diesen beiden Anpassungen trägt der Bundesrat der vielstimmigen Kritik am geltenden Prozesskostenrecht Rechnung, ohne in die kantonale Tarifhoheit einzugreifen.

Rechtssicherheit verbessern

Weiter will der Bundesrat die Verfahrenskoordination vereinfachen und das bewährte Schlichtungsverfahren punktuell stärken. Das Familienverfahrensrecht soll neben den bereits im Vorentwurf vorgeschlagenen punktuellen Anpassungen in weiteren Punkten verbessert werden. Damit trägt der Bundesrat den entsprechenden Rückmeldungen aus der Vernehmlassung Rechnung. Zudem sollen wichtige Erkenntnisse der bundesgerichtlichen Rechtsprechung künftig gesetzlich verankert werden.

Mit den punktuellen Anpassungen sollen insbesondere die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Privatrecht verbessert und damit die Anwenderfreundlichkeit der ZPO weiter verbessert werden.

Kollektiven Rechtsschutz gesondert behandeln

Stark umstritten waren in der Vernehmlassung einzig die Vorschläge für eine Stärkung der kollektiven Rechtsdurchsetzung von Massen- und Streuschäden. Um den weitgehend unumstrittenen Teil nicht zu gefährden, hat der Bundesrat deshalb entschieden, die Frage des kollektiven Rechtsschutzes aus dieser Vorlage herauszulösen und separat zu behandeln. Mit der separaten Behandlung der Motion 13.3931 "Förderung und Ausbau der Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung" können die weiteren Entwicklungen sowie die parlamentarischen Arbeiten und Diskussionen berücksichtigt werden.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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