Geschlechtsspezifische Verfolgung

Männer und Frauen sind auf vielfältige Art und Weise von Konflikten, Kriegen und Menschenrechtsverletzungen betroffen. Während beide Geschlechter aus den gleichen Gründen verfolgt werden können, kommen bei der Verfolgung von Frauen oft Faktoren hinzu, die eng mit ihrer Rolle in der Gesellschaft verbunden sind.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) berücksichtigt aber nicht nur die Besonderheiten der Verfolgung von Frauen, sondern auch von Opfern sexueller Minderheiten. Aus diesem Grund wird im Einzelfall beurteilt, ob Massnahmen im Zusammenhang mit Zwangsheirat, weiblicher Genitalverstümmelung, häuslicher Gewalt, diskriminierender Gesetzgebung, Ehrenmorden und sexueller Orientierung/Geschlechtsidentität zur Anerkennung als Flüchtling führen können. In diesen Verfahren wird der besonderen Verletzlichkeit von Opfern geschlechtsspezifischer Verfolgung Rechnung getragen.

Sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und sexuelle Merkmale

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Sie fühlen sich durch das Plakat angesprochen, weil Sie vielleicht eine lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle oder queere Person (LGBTIQ+) sind oder Fragen dazu haben.

 
Auf dieser Webseite finden Sie verschiedene Informationen zum Ablauf des Asylverfahrens, die für Sie von besonderer Bedeutung sind.

In der Schweiz gelten die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität und der Geschlechtsausdruck sowie die Geschlechtsmerkmale (SOGIESC) als grundlegende Merkmale der Identität. Menschen mit jeglicher sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck oder mit Variationen der Geschlechtsmerkmale haben das Recht, offen und sicher zu leben, ohne sich verstecken zu müssen.

Vertraulichkeit

Jede Person hat ein Recht auf Achtung ihrer Privatsphäre. Alle Mitarbeitenden der Bundesasylzentren (Personal des SEM und des Gesundheitsdienstes, Betreuungs- und Sicherheitspersonal, Dolmetschende usw.) sind verpflichtet, sämtliche Informationen über Ihr Privatleben und die Gründe, die Sie für Ihr Asylgesuch geltend machen, vertraulich zu behandeln.

Registrierung

Wenn Ihre Geschlechtsidentität und/oder Ihr Geschlechtsausdruck nicht mit dem in Ihren Ausweispapieren angegebenen Geschlecht übereinstimmt, können Sie verlangen, dass das Personal des Zentrums in der informellen Kommunikation einen Rufnamen und ein anderes Pronomen verwendet und diese auf den Dokumenten, die Sie zur Identifikation im Zentrum verwenden, hinzufügt. Für die formelle Kommunikation (Vorladung, Asylentscheid usw.) muss das Staatssekretariat für Migration (SEM) jedoch Ihre offizielle Identität, die in Ihren Ausweispapieren angegeben ist, verwenden.

Sicherheit

Personen, die der LGBTIQ+-Gemeinschaft angehören, können Diskriminierung und Gewalt erfahren – auch im Bundesasylzentrum, in dem Sie untergebracht sind. Ein solches Verhalten wird nicht toleriert. Das SEM muss Ihre Sicherheit gewährleisten. Es kann verschiedene Massnahmen ergreifen, um der Situation Abhilfe zu schaffen.

Wenn Sie Opfer von Diskriminierung, Beleidigung oder Gewalt sind oder wenn Sie sich nicht sicher fühlen, sprechen Sie mit dem Betreuungspersonal des SEM (ORS/AOZ) oder mit Ihrer Rechtsvertretung. Bei einer unmittelbaren Gefährdung können Sie sich an das Sicherheitspersonal (Securitas/Protectas) wenden. Sollte sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Zentrums Ihnen gegenüber unangemessen verhalten, müssen Sie dies Ihrer Rechtsvertretung oder einem Mitarbeitenden des SEM mitteilen (beispielsweise während dem Pikettdienst).

Medizinische Bedürfnisse

Wenn Sie an einer bestimmten Krankheit leiden oder sich einer speziellen Behandlung in Zusammenhang mit Ihrer Geschlechtsidentität oder einer Variation Ihrer Geschlechtsmerkmale unterziehen, teilen Sie dies Ihrer Rechtsvertretung sowie Medic-Help mit, damit Ihre besonderen medizinischen Bedürfnisse berücksichtigt werden können.

Fluchtgründe in Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität

Personen, die in ihrem Herkunftsstaat wegen ihrer Zugehörigkeit zur LGBTIQ+-Gemeinschaft ernsthaft gefährdet sind, kann in der Schweiz die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden. Dies ist der Fall, wenn die Verfolgung von staatlichen Akteuren ausgeht oder wenn die Behörden des Herkunftsstaates keinen angemessenen Schutz vor Verfolgung durch Dritte bieten.

Falls Sie dazu in der Lage sind, sprechen Sie sobald wie möglich mit Ihrer Rechtsvertretung sowie dem Personal des SEM, das die Anhörung zu den Asylgründen durchführt, über die Fluchtgründe in Zusammenhang mit Ihrer Zugehörigkeit zur LGBTIQ+-Gemeinschaft. Wenn Sie dieses Thema in der Anhörung nicht ansprechen möchten, kann das SEM Ihrer SOGIESC-Situation im Asylverfahren nicht Rechnung tragen und Ihr Gesuch nicht unter diesem Gesichtspunkt prüfen.

Während des Asylverfahrens wird kein Nachweis Ihrer SOGIESC-Situation verlangt. Diese wird nur auf Grundlage Ihrer Aussagen beurteilt. In der Anhörung werden Sie nicht nach Einzelheiten zu Ihren Sexualpraktiken befragt.

Asylsuchende, die eine Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur LGBTIQ+-Gemeinschaft geltend machen, können wählen, ob sie von Männern oder Frauen angehört werden wollen. Falls Sie eine Präferenz haben, teilen Sie dies Ihrer Rechtsvertretung mit. Diese wird das SEM entsprechend informieren. Wenn Sie dies möchten, kann eine Vertrauensperson Ihrer Wahl Sie bei der Anhörung begleiten.

Externe Beratung

In der Schweiz gibt es verschiedene, vom SEM unabhängige Organisationen, die sich für die Rechte von LGBTIQ+-Personen einsetzen. Hier erhalten Sie Unterstützung und Beratung direkt von der LGBTIQ+-Gemeinschaft. Nähere Informationen finden Sie auf den Webseiten dieser Organisationen:

Queeramnesty
Asile LGBT
Rainbow Spot
Transgender Network Switzerland
InterAction

Letzte Änderung 28.01.2025

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