Im Zentrum der Gespräche standen die Herausforderungen bei der Terrorismusbekämpfung und der Strafverfolgung im Schengen-Raum, die Modernisierung der Schengener Datenbanken sowie die Reform des Dublin-Systems als Teil der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Bundesrätin Keller-Sutter machte dabei unter anderem klar, dass die gemeinsamen Instrumente – wie etwa das Schengener Fahndungssystem SIS oder die zentrale Fingerabdruckdatenbank für Asylangelegenheiten, Eurodac – für die Sicherheits- und Asylbehörden der Schweiz heute, zehn Jahre nach dem Start der engen Zusammenarbeit mit den Schengen- und Dublin-Staaten, unersetzlich seien. In diesem Zusammenhang sei auch die geplante bessere Verbindung zwischen diesen Systemen (Interoperabilität) und deren baldige Umsetzung begrüssenswert.
Die Zahlen zu SIS sprechen eine deutliche Sprache: 2018 erzielten die Schweizer Sicherheitsbehörden zum Beispiel rund 19’000 Fahndungstreffer und konnten 2370 Personen mit einer schengenweiten Einreisesperre anhalten. Die Schweiz profitiert auch von der Zusammenarbeit mit den Dublin-Staaten im Asylbereich. Dank konsequenter Anwendung des Abkommens können Sekundärmigration und Zweitgesuche reduziert werden. Gemäss neuster Statistik haben zudem die irregulären Einreisen nach Europa abgenommen.
Noch mehr herausholen
Bundesrätin Keller-Sutter sagte, die Vertiefung der Zusammenarbeit, welche die Kommission und die Präsidentschaft vorschlagen, sei zu begrüssen. Denn die Schweiz wolle noch mehr aus der Zusammenarbeit mit den Schengen- und Dublin-Staaten herausholen, gerade auch im Kampf gegen terroristische Aktivitäten und bei der Kontrolle der Aussengrenzen. Und diese Herausforderungen seien nur mit vereinten Kräften zu meistern.
Bundesrätin Keller-Sutter traf in Bukarest den für Sicherheitsfragen zuständigen EU-Kommissar Julian King und den für Migrationsfragen zuständigen EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos. Sie führte Gespräche mit dem griechischen Migrationsminister Dimitris Vitsas, dem österreichischen Innenminister Herbert Kickl, dem deutschen Staatssekretär Stephan Mayer, der Innenminister Horst Seehofer vertrat, und dem luxemburgischen Aussen- und Migrationsminister Jean Asselborn.
EU-Staaten gefordert
Bundesrätin Keller-Sutter sprach dabei unter anderem auch die hängige Reform der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit eines effektiven Grenzschutzes an. Dabei betonte sie, dass für die Schweiz beide Themen Priorität hätten. Skeptisch zeigte sich Keller-Sutter zur Idee von temporären Lösungen bis zu einer Einigung über die Dublin-Reform, insbesondere für die Situation im Mittelmeer und die Rettung von Migranten in Seenot. Die Staaten der EU müssten die Anrainer-Staaten des Mittelmeers vermehrt unterstützen und dafür eine dauerhafte Lösung finden. Die Suche danach dürfe von Ideen für temporäre Lösungen nicht gebremst oder gar gestoppt werden. Keller-Sutter erinnerte daran, dass die Schweiz als assoziierter Schengen-Staat in den letzten Jahren auf freiwilliger Basis schon substanzielle Beiträge geleistet habe, zum Beispiel im Rahmen des Relocation-Programms.
Die Bundesrätin unterstrich in den bilateralen Gesprächen ferner den Willen der Schweiz, die polizeiliche Zusammenarbeit mit den Partnerstaaten weiter zu verstärken. Zudem sprach sie den Brexit an und die Gefahr, dass Grossbritannien nicht mehr an das SIS angeschlossen sein könnte. Die Schweiz hat – wie die anderen Staaten auch – ein grosses Interesse, weiter auch rasch und unkompliziert Informationen von der britischen Polizei zu bekommen. Man müsse sich daher überlegen, wie eine «Funkstille» verhindert werden könne.
Staatssekretär Mario Gattiker seinerseits tauschte sich mit seinem italienischen Amtskollegen Nicola Molteni aus. Er bedankte sich für die anhaltend gute Zusammenarbeit im Asylbereich und bekräftigte, dass die Schweiz Italien weiterhin unterstützen wolle.
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat zu diesen Abkommen im Juni 2005 Ja gesagt. Seit ziemlich genau zehn Jahren ist die Schweiz bei Schengen und Dublin dabei. Die volle operative Zusammenarbeit begann am 29. März 2009.
Die bilateralen Abkommen zu Schengen und Dublin garantieren der Schweiz weitgehende Mitwirkungsrechte bei der Ausarbeitung von neuen Rechtsakten. Vertreter der Schweiz sind an solchen Arbeiten direkt beteiligt, können im Rahmen der Schengen-Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen die Position der Schweiz einbringen und so unmittelbar Einfluss nehmen auf den Inhalt der Regelung. Auf diese Weise konnten sie zum Beispiel bei der Revision der EU-Waffenrichtlinie gemeinsam mit anderen Staaten dafür sorgen, dass die ursprüngliche Vorlage in vielen Punkten abgeschwächt wurde.
Faktenblatt - Beteiligungsrechte Schweiz (PDF, 122 kB, 05.06.2020)
Letzte Änderung 07.02.2019