Drei Wochen vor der Ecopop-Abstimmung wächst bei den Gegnern die Befürchtung, dass nach der Initiative gegen Masseneinwanderung auch Ecopop angenommen wird. Was tut der Bundesrat, dass das nicht passiert?
Der Bundesrat informiert über den Inhalt der Initiative. Sie schlägt zwei Massnahmen vor, um Umweltprobleme zu lösen. Das ist einerseits die starre, tiefe Netto-Zuwanderungsquote von aktuell knapp 17 000 Personen, anderseits mindestens 150 Millionen Franken pro Jahr für die Geburtenkontrolle in den ärmsten Ländern. Es ist klar, dass diese Initiative für die Umwelt nichts bringt.
Verstehen das auch die Menschen, die dem Bundesrat mit einem Ja einen Denkzettel verpassen wollen?
Viele Menschen verstehen, dass diese Initiative ökologisch unlogisch ist. Ob jemand in Deutschland oder in der Schweiz Auto fährt, macht für das Klima keinen Unterschied. Denkzettel gehören übrigens nicht in die Bundesverfassung, dazu ist die Grundlage unserer Rechtsordnung nicht geeignet.
Der Bundesrat informiert sachlich.
Ja, denn die direkte Demokratie setzt voraus, dass sich die Stimmbürger mit dem Initiativtext und den Auswirkungen einer Initiative auseinandersetzen. Nur so können sie ihre Verantwortung wahrnehmen.
Was sagen Sie zum Vorwurf, dass die Ecopop-Zustimmung hoch sein wird, weil der Bundesrat die Initiative gegen Masseneinwanderung nicht konsequent umsetzt?
Fakt ist, dass der Bundesrat seit dem 9. Februar die Umsetzung intensiv vorangebracht hat. Wir haben im Juni ein Konzept vorgelegt, das zeigt, wie der neue Verfassungsartikel umgesetzt werden soll. Vor einem Monat haben wir ein Verhandlungsmandat für das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU ausgearbeitet. Dass es keine schnellen einfachen Lösungen gibt, wussten wir schon vor dem 9. Februar.
Der Bundesrat bekennt sich zur konsequenten Umsetzung?
Was in der Bundesverfassung steht, gilt. Darum ist es auch gefährlich, wenn man die Verfassung ändert, nur um ein Zeichen zu setzen. Die Bundesverfassung ist keine Zeichensammlung, sondern die Grundlage unserer Demokratie.
Wie holt der Bundesrat Menschen mit der Angst ab, keine bezahlbare Wohnung zu finden?
Mit der Realität. In der Ecopop-Initiative steht kein Wort von bezahlbaren Wohnungen. Mit Ecopop werden keine Wohnungen oder Strassen gebaut, es hat auch nicht weniger Leute im Zug. Umweltprobleme löst man mit Umweltmassnahmen und nicht mit Ausländerpolitik. Ecopop will Umweltprobleme einzig und allein mit Massnahmen lösen, die sich gegen Ausländer richten.
Es wird auch vermutet, Ecopop löse das Zersiedelungsproblem.
Wir haben in der Schweiz Handlungsbedarf zum Beispiel in der Raumplanung und wir haben Investitionsbedarf im Verkehr. Wir müssen Sorge tragen zu unserer Landschaft und unserem Boden. Davon steht aber nichts in der Initiative.
Bei einer Annahme würden der Wirtschaft Fachkräfte fehlen. Engagiert sie sich genügend für ein Nein?
Die Arbeitgeber sind sehr aktiv, denn diese Initiative brächte Unternehmen und Angestellte in grosse Schwierigkeiten. Es gibt vom Bundesrat die Erwartung, dass die Wirtschaft zeigt, wie sie zum Beispiel über 50-Jährige besser im Arbeitsmarkt hält. Aber wenn Ecopop angenommen wird, hat deswegen noch keine dieser Personen eine Stelle.
2000 sagte eine Studie eine Zuwanderung von 10 000 Personen voraus. Nun sind es rund 80 000. Wie erklären Sie das?
Als die Personenfreizügigkeit mit der EU verhandelt wurde, hatte die Schweiz wegen der sehr schlechten Wirtschaftslage eine tiefe Zuwanderung und eine hohe Arbeitslosigkeit von fast fünf Prozent. Die Zuwanderung ist immer konjunkturabhängig. Darum wäre eine starre Zuwanderungsquote ohne jeglichen Spielraum sehr gefährlich.
Letzte Änderung 10.11.2014