Der Bundesrat respektiert den demokratischen Volksentscheid. Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments haben die Initiative von Beginn weg abgelehnt und dem Stimmvolk ein «Nein» empfohlen. Das Schweizer Stimmvolk ist dieser Empfehlung nicht gefolgt.
Der Volksentscheid ist keine Absage an die Gemeinschaft der Muslime, ihre Religion und ihre Kultur. Dafür steht der Bundesrat ein. Er wendet sich entschieden gegen allfällige Versuche, die Musliminnen und Muslime auszugrenzen. Der Dialog der Behörden mit den Religionsgemeinschaften und insbesondere mit der muslimischen Gemeinschaft muss auf allen Ebenen weitergeführt und noch verstärkt werden.
Verboten wird nur die Errichtung neuer Minarette in der Schweiz. Nicht betroffen sind die bereits bestehenden Minarette. Auch nicht betroffen sind Moscheen und muslimische Gebetsstätten. Diese können auch in Zukunft errichtet und betrieben werden.
Das Verbot der Errichtung neuer Minarette ist kein Glaubensverbot. Die Musliminnen und Muslime in der Schweiz haben auch in Zukunft die Freiheit, sich zum Islam zu bekennen und ihre Religion allein oder gemeinsam mit anderen zu praktizieren. Die freie Religionsausübung bleibt für alle Religionen gewährleistet.
Der Volksentscheid ist ein Ausdruck bestehender Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung. Der Bundesrat nimmt diese Ängste ernst. Probleme müssen offen angesprochen und unvoreingenommen diskutiert werden. Unabdingbare Voraussetzungen dafür sind der Respekt und die Aufgeschlossenheit gegenüber Andersdenkenden.
Für den Bundesrat ist prioritär, dass der Dialog zwischen religiösen und gesellschaftlichen Gruppierungen und den Behörden weiter geführt und verstärkt wird. Er wird sich aktiv an diesem Dialog beteiligen.
Die grosse Mehrheit der gegen 400’000 Musliminnen und Muslime in der Schweiz ist gut integriert, erfüllt ihre Pflichten und leistet ihren Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben und zum Funktionieren unserer Wirtschaft. Sie respektiert die schweizerische Staats- und Gesellschaftsordnung vollumfänglich. Der Volksentscheid vom 29. November 2009 darf nicht zu gegenseitigem Misstrauen und Ausgrenzung führen. Wir alle müssen den Dialog zwischen den Religionen und den Bevölkerungsgruppen weiterführen.
Dieser demokratische Volksentscheid ist zu respektieren.
Der Bundesrat kam bereits in seiner Botschaft zur Einschätzung, dass ein Bauverbot der Religionsfreiheit und dem Diskriminierungsverbot widerspricht, wie sie die Europäische Menschenrechtskonvention und der UNO-Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte (UNO-Pakt II) garantieren. Diese völkerrechtlichen Garantien sind bindend für die Schweiz.
Gegen eine allfällige Verweigerung der Baubewilligung für ein Minarett kann bei den zuständigen Behörden und Gerichten Beschwerde erhoben werden. Letztinstanzliche Entscheide des Bundesgerichts können an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg weitergezogen werden. Es wird sich im Einzelfall weisen, wie allfällige Beschwerden beurteilt werden. Sollte es zu einem für die Schweiz negativen Entscheid kommen, müsste geprüft werden, wie die neue Verfassungsbestimmung mit der internationalen Rechtsprechung in Einklang gebracht werden kann.
Der Bundesrat bekennt sich auch weiterhin zu einer offenen und toleranten Schweiz. Er wird sich in Zukunft verstärkt für den Dialog zwischen den Bevölkerungsgruppen und den Religionsfrieden einsetzen.
Der Bundesrat steht im Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der muslimischen Gemeinschaft in der Schweiz. Mittelfristig ist es vorstellbar, dass erweiterte Gespräche mit der muslimischen Gemeinschaft, den Initiantinnen und Initianten und den Parteien stattfinden könnten.
Der Bundesrat hat stets erklärt, dass ein Bauverbot für Minarette nach seiner Beurteilung gegen die Garantien der Religionsfreiheit und des Diskriminierungsverbots verstösst, wie sie in der EMRK und im UNO-Pakt II verankert und auch für die Schweiz verbindlich sind.
Eingeschränkt wird nur die Freiheit der Musliminnen und Muslime, ihren Glauben mittels des Baus eines Minaretts nach aussen zu bekunden. Der Bau von Moscheen und Gebetsstätten ist dagegen weiterhin möglich. Bereits heute gibt es in der Schweiz rund 150 islamische Gebetsstätten. Der zentrale Teil der Religionsfreiheit, die Praktizierung der eigenen Religion allein oder gemeinsam mit anderen, wird dagegen in keiner Weise beschränkt. Die Musliminnen und Muslime können ihren Glauben in der Schweiz frei leben.
Ängste und Unsicherheiten vor Parallelgesellschaften, wie sie im Volksentscheid vom 29. November 2009 zum Ausdruck kommen, gibt es in zahlreichen anderen Staaten auch. Diskriminierungen in der Schweiz können nicht durch Diskriminierungen im Ausland gerechtfertigt werden. Allerdings ist festzustellen, dass die Religionsfreiheit von Minderheiten in verschiedenen Staaten, deren Regierungen die Schweiz kritisieren, ungleich massiver verletzt wird als dies mit dem Bauverbot für Minarette der Fall ist.
Der Bundesrat wies stets darauf hin, dass internationale Organe, die mit der Umsetzung und Kontrolle der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und des UNO-Paktes II zu tun haben, zum Schluss kommen könnten, dass Grundrechtsgarantien dieser Verträge verletzt sind. Im Fall der EMRK könnten letztinstanzliche Entscheide des Bundesgerichts über die Verweigerung einer Baubewilligung für ein Minarett an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weitergezogen werden. Im Fall des UNO-Paktes II ist ein solches Vorgehen nicht möglich.
Allfällige rechtliche Konsequenzen eines Entscheides des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte können nicht jetzt, sondern nur in Kenntnis des konkreten Falles beurteilt werden.
Ein Austritt der Schweiz aus dem Europarat bzw. eine Kündigung der EMRK oder des UNO-Paktes II ist für den Bundesrat kein Thema. Ein solches Vorgehen kommt für ihn nicht in Frage.
Im Bereich Sicherheit werden die weltweiten Entwicklungen durch den Nachrichtendienst und den Bundessicherheitsdienst laufend verfolgt, Sicherheitsmassnahmen allenfalls angepasst. Explizite Aufrufe zur Gewalt konnten bis jetzt keine festgestellt werden.
In Bezug auf die Bedrohungslage von zu schützenden Personen des Bundes (Magistraten, Parlamentarier, Bundesangestellte) sowie völkerrechtlich beschützter Personen und Einrichtungen verfolgt das Bundesamt für Polizei (fedpol) die Lage und Entwicklung sehr aufmerksam. Im Moment gilt jedoch in allen Bereichen der Status quo.
Die Schweizer Aussenstellen verfügen aber über generelle Sicherheitsdispositive für Krisenfälle und sind darum gut vorbereitet. Diese kämen auch bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Minarett-Initiative zur Anwendung. Die Botschaften treffen die nötigen Massnahmen, um die Sicherheit der Schweizer Bürger, Vertretungen sowie Einrichtungen zu garantieren. Konkrete Angaben über diese generellen Sicherheitsdispositive können aus Sicherheitsgründen nicht gemacht werden. Im Übrigen sind für die Sicherheit der Schweizer Vertretungen, Bürger und Einrichtungen in erster Linie die Behörden des Gastlandes zuständig, mit denen unsere Vertretungen im Kontakt stehen.
Im Übrigen können sich die Schweizer Bürger bei den laufend aktualisierten Reisehinweisen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) über die Sicherheitslage im Ausland informieren
http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad.html
Durch eine entsprechende Informationsarbeit in den islamischen Ländern sollen negative Reaktionen nach Möglichkeit verhindert werden. Das Verbot neuer Minarette ist kein Glaubensverbot. Die Musliminnen und Muslime in der Schweiz haben auch in Zukunft die Freiheit, sich zum Islam zu bekennen und diese Religion in rund 150 Gebetsstätten zu praktizieren.
Eine gewisse Enttäuschung der muslimischen Gemeinschaft über die Entscheidung der Schweiz ist verständlich. Boykott-Aufrufe halten wir aber für einen falschen Weg. Der Volksentscheid der Schweiz richtet sich ausschliesslich gegen den Bau neuer Minarette. Muslime sind in der Schweiz willkommen und können auch weiterhin ihren Glauben in rund 150 Gebetsstätten praktizieren.
Die Schweiz ist in der internationalen Gemeinschaft aktiv und solidarisch. Wir rechnen damit, dass diese engagierte internationale Rolle der Schweiz auch weiterhin anerkannt bleiben wird. Durch eine entsprechende Informationsarbeit in den islamischen Ländern sollen negative Reaktionen nach Möglichkeit verhindert werden. Das Verbot neuer Minarette ist kein Glaubensverbot. Die Musliminnen und Muslime in der Schweiz haben auch in Zukunft die Freiheit, sich zum Islam zu bekennen und diese Religion in rund 150 Gebetsstätten zu praktizieren.
Die nötigen Massnahmen für eine effektive Informationsarbeit wurden schon lange getroffen. Den schweizerischen Vertretungen im Ausland wurde frühzeitig verschiedene Informationsmaterialien zu den sozialen, politischen und rechtlichen Fragen der Initiative zur Verfügung gestellt, welche für die Erklärungsarbeit in den Gastländern verwendet werden können. Wir verfolgen eine aktive Informationspolitik gegenüber den Regierungsstellen sowie relevanten Meinungsführern und Persönlichkeiten. Es geht darum zu erklären, dass der Bundesrat den demokratischen Volksentscheid respektiert, sich aber gleichzeitig weiterhin zu einer offenen und toleranten Schweiz bekennt. Die Musliminnen und Muslime haben auch in Zukunft die Freiheit, sich in der Schweiz offen zum Islam zu bekennen und diese Religion in rund 150 Gebetsstätten zu praktizieren. Daran ändert das Bauverbot neuere Minarette nichts.
Das Resultat stösst auf sehr grosse und anhaltende Aufmerksamkeit im Ausland. Die Medien im Ausland zeigten sich in erster Linie überrascht über den deutlichen Abstimmungsausgang.
Die Reaktionen fielen bislang sachlich und ausgewogen aus, das Resultat und die unterschiedlichen Positionen wurden faktengetreu wiedergegeben. Die Kommentatoren ausländischer Leitmedien haben den Schweizer Entscheid überwiegend kritisch und ablehnend aufgenommen.
Das Resultat stiess bis anhin vor allem im benachbarten Ausland auf ein grosses und teilweise kritisches Medienecho. In der islamischen Welt fielen die Medienreaktionen bislang relativ zurückhaltend und sachlich aus.
Ein Minarett ist ein turmartiger Bau bei oder an einer Moschee. Die Form und die Dimension der Minarette können regional stark variieren. Längst nicht alle sind im leicht erkennbaren ottomanischen Stil gebaut. Das Minarett kennzeichnet einen Ort der Religionsausübung von Musliminnen und Muslimen. Die islamischen Schriften befassen sich mit den Minaretten allerdings ebensowenig wie die christliche Lehre mit den Kirchtürmen. Längst nicht jede Moschee verfügt deshalb über ein Minarett. So wie Kirchtürme für Christinnen und Christen ein Stück religiöse Heimat bedeuten, so empfinden Musliminnen und Muslime Minarette als architektonische Symbole ihres Glaubens.
In der Schweiz gibt es heute vier Minarette, nämlich in Genf, Zürich, Winterthur und Wangen bei Olten. In Langenthal wurde der Bau eines Minaretts Anfang Juli 2009 bewilligt. Gegen diese Bewilligung ist eine Beschwerde beim Kanton Bern hängig.
In vielen islamischen Ländern ist das zwar so, bei Minaretten in den Schweiz hingegen nicht. In Zürich, Genf und Winterthur, wo je ein Minarett steht, gibt es keine nach aussen dringenden Gebetsrufe durch Muezzine oder Lautsprecher. In Wangen bei Olten und in Langenthal wurde die Baubewilligung für ein Minarett nur unter der Auflage erteilt, dass keine Muezzinrufe und keine Lautsprecherbeschallung erfolgen. Eine solche Auflage kann im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens gemacht werden. Denn Minarette sind, wie andere Bauten auch, den Immissionsschranken des Privatrechts, des kantonalen Bau- und Planungsrechts sowie der Bundesgesetzgebung im Bereich des Umweltschutzes unterworfen.
Nein. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, ein flächendeckendes Verbot des Baus von Minaretten in der Schweiz könnte die öffentliche Sicherheit im Land irgendwie günstig beeinflussen. Personen, die offen oder versteckt gegen die politische und gesellschaftliche Ordnung der Schweiz vorgehen oder ein anderes Rechtssystem wie zum Beispiel die Scharia propagieren, lassen sich durch ein Minarettverbot nicht von ihrem Tun abhalten. Um islamistisch-extremistische Bestrebungen wirksam zu bekämpfen und die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen der Schweiz zu sichern, braucht es andere Mittel. Bund und Kantone verfügen über diese Mittel und machen davon auch konsequent Gebrauch. So werden z.B. islamistische Prediger, die unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung bekämpfen, umgehend ausgewiesen oder es wird ihnen schon die Einreise verweigert.
Nein. Alle in der Schweiz lebenden Personen müssen sich an unsere Rechtsordnung halten. In unserem Land gilt einzig das staatlich gesetzte Recht und nicht die Scharia oder irgend ein anderes religiöses Normensystem. Musliminnen und Muslime können sich nicht auf religiöses Recht berufen, um staatlichen Pflichten zu entgehen oder staatliche Verbote zu missachten.
Letzte Änderung 29.11.2009