TV-Statement

Volksabstimmung vom 9. Juni 2013

TV-Statement von Bundesrätin Doris Leuthard

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Am 9. Juni stimmen wir über eine Volksinitiative ab, die das bisherige System der Bundesratswahl ändern will. Nicht mehr das Parlament, sondern das Volk – also Sie – soll den Bundesrat an der Urne wählen.

Der Bundesrat hat keine Angst vor der Bevölkerung. Er traut Ihnen diese Wahlkompetenz zu im Wissen, dass Sie darin geübt sind, mehrmals im Jahr über komplexe Sachfragen abzustimmen oder alle vier Jahre National- und Ständeräte zu wählen. Aber er ist der Meinung, dass die Volkswahl der Regierung kein Gewinn für unsere Demokratie, für unser Land, wäre.

Mit diesem Systemwechsel würde das politische Leben in der Schweiz umgekrempelt. Es würde dann gelten, was in andern Ländern schon heute gilt: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“.

Wollen Sie Bundesräte, die vier Jahre lang Wahlkampf betreiben? Wohl kaum. Denn das würde enorm viel Zeit beanspruchen und auf Kosten der Regierungsarbeit gehen.

Und im Unterschied zu den Kantonen, wo die Regierung von der Bevölkerung gewählt wird, müssten Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundesrat einen landesweiten Wahlkampf führen – in 26 Kantonen mit vier Sprachen und unterschiedlichen Kulturen.

Das aber kann sich nur leisten, wer eine finanzstarke Lobby oder eine Partei im Rücken hat, die eine landesweite Kampagne überhaupt bezahlen könnte.

Die Initianten argumentieren, dass die Volkswahl des Bundesrates die Demokratie stärkt. Die direkte Demokratie in der Schweiz baut in der Regel nicht auf Personenwahlen auf. Die direkte Demokratie ist stark, weil Sie, geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger, an der Urne über die Sachpolitik befinden und damit ganz konkret auf die Ausgestaltung des Landes Einfluss nehmen können. Sei es bei Steuerfragen, in der Sicherheits-, in der Verkehrs- und Energiepolitik, oder in der Sozialpolitik.

Die Initianten schlagen zudem auch eine Quotenregelung vor, damit die italienisch- und französischsprachigen Kantone ebenfalls in der Landesregierung vertreten sind.

Wollen Sie die Schweiz mit einer solchen Quote in zwei Wahlkreise aufteilen? Wir sollten unser Land nicht zweiteilen – hier die deutschsprachige, dort die lateinische Schweiz. An die vierte Landessprache, das Rätoromanische, haben die Initianten übrigens nicht gedacht.

Und: Die Bundesrätinnen und Bundesräte sind für alle Bürgerinnen und Bürger da.

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, das geltende Verfahren zur Wahl des Bundesrates durch das Parlament hat sich bewährt – seit 165 Jahren. Die Institution Bundesrat hat zur politischen Stabilität unseres Landes beigetragen. Diese Stabilität hat uns Wohlstand gebracht und ist einer der grossen Trümpfe der Schweiz. Wir sollten ihn nicht aufs Spiel setzen.

Bundesrat und Parlament empfehlen Ihnen aus all diesen Gründen, die Volksinitiative zur Volkswahl des Bundesrates am 9. Juni abzulehnen.

Letzte Änderung 17.05.2013

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