TV-Statement

Volksabstimmung vom 11. März 2012

TV-Statement von Bundesrat Ueli Maurer

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Am 11. März stimmen wir über die Volksinitiative „6 Wochen Ferien für alle“, ab. Die Initiative verlangt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf jährlich mindestens sechs Wochen bezahlte Ferien erhalten. Das tönt sympathisch. Und die Überlegungen, die hinter der Initiative stehen, sind nach Ansicht des Bundesrates ernst zu nehmen: Die Arbeitssituation vieler Menschen ist nämlich von zunehmender Hektik geprägt, sie müssen ständig verfügbar sein, und auch das trägt zum Stress bei. Gute Leistungen erbringen aber nur erholte und gesunde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es braucht also Regelungen, die Erholung und Wohlbefinden für die Arbeitnehmenden gewährleisten.

Allerdings stellt sich die Frage, ob der Zwang zu mehr Ferien wirklich das richtige Mittel ist, um den negativen Folgen der heutigen Situation zu begegnen. Der Bundesrat ist diesbezüglich skeptisch. Denn: Mehr Ferien bringen ja nur etwas, wenn die Arbeit anschliessend auf mehr Hände und Köpfe verteilt wird. Sonst steigt die Belastung, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeit in weniger Zeit verrichten müssen und das ist ja sicher nicht das, was die Initiantinnen und Initianten wollten.

Gerade in dieser zentralen Frage gibt die Initiative aber keine Antwort. Sie lässt offen, wie die längeren Ferienabwesenheiten am Arbeitsplatz aufgefangen werden sollen. Und sie lässt offen, wer nach einer Annahme der Initiative die Mehrbelastung zu tragen hätte, die Arbeitgeber, oder die Arbeitnehmenden.
Die Arbeitnehmenden profitieren jedenfalls nur dann, wenn der Arbeitgeber zusätzliches Personal einstellt. Und das wiederum bedeutet für die Arbeitgeber höhere Lohnkosten. Man hat darauf hingewiesen, dass sich vor allem kleinere und mittlere Unternehmen schwer damit tun würden, höhere Lohnkosten zu verkraften. Und zwar ganz unabhängig von der Wirtschaftslage.

Nach Ansicht des Bundesrates und des Parlaments hat sich die heutige Ferienregelung bewährt. Das geltende Recht sieht vor, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer mindestens vier Wochen bezahlte Ferien pro Jahr zugute hat. Wer noch nicht 20 Jahre alt ist, hat Anspruch auf fünf Wochen Ferien.

Viele Branchen gehen schon heute über das Minimum hinaus. Ich erwähne als Beispiel bloss den Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe, der für über 216'000 Arbeitnehmende gilt und fünf Wochen Ferien vorsieht. Das geltende Recht ermöglicht es den Sozialpartnern, massgeschneiderte Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Dazu gehören aber längst nicht nur die Ferien, sondern eben auch Lohnerhöhungen, Arbeitszeitverkürzungen oder andere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, ich denke hier an Teilzeitstellen, an Flexibilisierung der Arbeitszeit oder an Einrichtungen für die Kinderbetreuung. Ein gesetzlicher Zwang zu mehr Ferien für alle würde den Spielraum für solche arbeitnehmerfreundliche Modelle einschränken. Das Geld, das ein Betrieb für die Finanzierung der zwei zusätzlichen Ferienwochen aufwenden müsste, würde für Anderes fehlen.

Ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit: Bundesrat und Parlament sind nicht gegen Ferien und andere Formen des Ausgleichs für die hohen Anforderungen der Arbeitswelt. Sie möchten die zusätzlichen Ferienwochen aber nicht in der Bundesverfassung festschreiben.

Bundesrat und Parlament empfehlen Ihnen aus all diesen Überlegungen, die Initiative am 11. März abzulehnen. Besten Dank.

Letzte Änderung 11.03.2012

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